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Die ARD hat den Deutschen Hörspielpreis eingestellt.

Ein ARD-Sprecher sagte, die Initiative für diese Entscheidung sei von den Hörspielredaktionen der ARD-Sender gekommen. Innerhalb des Senderverbunds gebe es immer mehr Kooperationen, dazu gehöre auch eine virtuelle Gemeinschaftsredaktion für das Hörspiel.

Daher sei ein Wettbewerb als Binnenkonkurrenz zwischen den Landesrundfunkanstalten und Deutschlandradio, ORF und SRF wenig plausibel, unzeitgemäß und nach außen nicht vermittelbar. Nach Angaben des Sprechers erschien den Hörspielredaktionen ein Wettbewerb fragwürdig, bei dem der öffentlich-rechtliche Rundfunk einen durch Rundfunkbeiträge finanzierten Preis an Produktionen des öffentlich-rechtlichen Rundfunks vergebe. Die Hörspieltage in Karlsruhe, an denen der Preis bisher vergeben wurde, sollen neu aufgesetzt werden.

Die letzten ARD-Hörspieltage in gewohnter Form finden im ZKM-Karlsruhe vom 7. bis 10. November 2024 statt.

Die Sicherheit einer geschlossenen Fahrgastzelle - Der Mauerfall von Marienborn

Autor(en): Thilo Reffert
Auch unter dem Titel: Der Mauerfall von Marienborn (Untertitel)
Produktion: MDR 2009, 57 Min. (Stereo) - Originalhörspiel dt.
Genre(s): Originalton
Regie: Stefan Kanis
Komponist(en): Cornelia Friederike Müller
Ton: Holger König
Schnitt: Christian Grund
Regieassistenz: Corinna Waldbauer
Inhaltsangabe: Annemarie sieht am 9. November 1989 die Abendnachrichten. Es sind die Nachrichten, die an diesem Abend ganz Deutschland bewegen. Aber nicht ganz Deutschland bewegt sich. Annemarie jedoch, 46 Jahre alt, Narkoseärztin im Krankenhaus Vogelsang, tauscht ihren Bereitschaftsdienst und fährt zusammen mit ihrer Tochter Juliane, 16, los. Ihr Mann bleibt zu Hause. Annemarie und ihre Tochter fahren über die Autobahn zum Grenzübergang Marienborn. Nach einigen Diskussionen mit verschiedenen Grenzern dürfen Annemarie und ihre Tochter passieren, es ist 21.15 Uhr - sie sind damit die ersten Ostdeutschen, die nach der neuen Schabowski-Regel aus der DDR ausreisen. Und sie sind auch die ersten, die wieder einreisen. Denn in Helmstedt sind, wie immer um halb zehn abends, die Bürgersteige hochgeklappt. Erst als die beiden längst wieder zu Hause sind, geht auch an der Grenze bei Marienborn der "Wahnsinn" los. Berichtet aber wird in dieser Nacht vor allem aus Berlin, es sind diese Bilder, die bis heute unsere Vorstellungen vom 9. November prägen.
Wenn von der Grenzöffnung an jenem Donnerstagabend die Rede ist, spricht man von einer "Ventillösung". Die Grenze hätte sich demnach unter dem Druck der Massen geöffnet, zuerst am Ventil Bornholmer Straße. Aber über die Autobahn bei Marienborn kam an diesem Abend ein einzelner Wartburg mit einer Frau und einem Mädchen auf die Grenzer zu. Hier gab es kein Ventil zu öffnen, dennoch kollabierte das ganze System. Das Hörstück verfolgt die Spuren dieser unauffälligen Fahrt durch den Eisernen Vorhang.
Von Vogelsang bis zum Grenzübergang sind es 60 km. Annemarie fuhr damals mit einem Wartburg 353 W. und genoss mit ihrer Tochter "Die Sicherheit einer geschlossenen Fahrgastzelle", wie es in einer Werbebroschüre für den Wartburg 353 heißt.... Die Fahrt dauerte etwas über eine Stunde.
Im Frühsommer 2009 - fast alles hat sich verändert, nur die Fahrtzeit ist noch dieselbe - sind Annemarie und Juliane noch einmal unterwegs von Vogelsang nach Marienborn. Wieder sitzen sie in einem Wartburg, doch diesmal steuert ihn ein Magdeburger Taxiunternehmer. Der Wartburg ist nun ein Oldtimer und die beiden Frauen sitzen im Fond und erinnern sich.
Expertenkommentar: Hörspiel des Monats November 2009, Begründung der Jury der Deutschen Akademie der Darstellenden Künste:
"'Wahnsinn!' war eine der Lieblingsvokabeln der Deutschen in jenem November 1989, als ohne Vorwarnung plötzlich die Mauer fiel. Was heißt hier fiel: Sie wurde einfach überrannt von DDR-Bürgern, nachdem Politbüro-Mitglied Günter Schabowski am 9. November mitgeteilt hatte, dass DDR-Bürger 'Privatreisen nach dem Ausland ohne Vorliegen von Voraussetzungen' beantragen können. Was es für den Einzelnen bedeutete, an jenem Abend zur Grenze zu gehen oder zu fahren, welche Zweifel diejenigen begleiteten, die sich aufmachten zum Grenzübergang, erzählt Thilo Reffert in seinem O-Ton-Hörspiel 'Die Sicherheit einer Fahrgastzelle' am Beispiel seiner eigenen Familie.

Mutter Annemarie und Schwester Juliane setzten sich am 9. November 1989 abends kurz nach 20 Uhr in Magdeburg in den damals noch ziemlich neuen Wartburg (die 'Fahrgastzelle') und fuhren Richtung Marienborn, um auszuprobieren, ob man sie tatsächlich in den Westen lassen würde. In Helmstedt wurden sie empfangen von Scheinwerfern und West-Journalisten, die bereits sehnsüchtig auf Ostdeutsche warteten. Von diesem Moment, in dem Geschichte im Kleinen zur Weltgeschichte wird, berichtet Reffert in seinem O-Ton-Hörspiel. Die Erzählung von Mutter und Schwester hat er kunstvoll eingebettet in O-Töne aus Nachrichtensendungen und vor allem auch aus der legendären Bundestagssitzung am 9. November 1989 im Bonner Wasserwerk, die gegen 21.20 Uhr, just in dem Moment, als Mutter und Schwester die Grenze überfuhren, endlich abgebrochen wurde.

Refferts Hörspiel macht nach all den vielen Gedenksendungen noch einmal deutlich, was für einen großen Schritt manche DDR-Bürger damals wagten und wie sie mit diesem Schritt Geschichte machten. Er fährt gemeinsam mit Mutter und Schwester den Weg 20 Jahre danach noch einmal nach und erzählt, wie man davon abends bei einem guten Wein den eigenen Freunden erzählen würde: sympathisch, ohne jedes Pathos und mit leichter Ironie."
Mitwirkende:
Matthias Matschke
Juergen Schulz
im Originalton Annemarie Reffert
im Originalton Juliane Reffert
im Originalton Michael Reffert
Preise / Auszeichnungen: Hörspiel des Monats 11 2009
Hörspielpreis der Kriegsblinden 2010
ARD Hörspielpreis 2010
ARD Online-Award 2010
Links: Externer Link Homepage von Thilo Reffert
Mailformular für Ergänzungen zu diesem Titel
Druckausgabe (PDF)

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